Hier begann für viele Jüd:innen aus dem Siegerland der Weg in die Konzentrations- und Vernichtungslager in Osteuropa. Sie wurden vom Gleis 4 am Siegener Hauptbahnhof aus deportiert. An diese Menschen erinnert seit Februar 1989 eine Gedenktafel. Fast niemand von ihnen überlebte.
Im September 1941 fällte Adolf Hitler die Entscheidung, alle deutschen Jüd:innen in die besetzten Gebiete in Osteuropa zu deportieren. Ab Oktober verließen regelmäßig Züge mit hunderten Menschen das Deutsche Reich. Im Januar 1942 kamen in einer Villa am Berliner Wannsee Vertreter des NS-Regimes zusammen, um über die Deportation und Ermordung jüdischer Menschen zu beraten. Im Protokoll der Konferenz benutzten sie zur Verschleierung der Tatsachen den Begriff Evakuierung. Kurze Zeit später ließ die NS-Führung Vernichtungslager mit Gaskammern errichten.

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Gleis 4 am Siegener Hauptbahnhof war Ausgangspunkt von insgesamt vier Transporten mit etwa 84 Menschen. Von Siegen aus führten die Transporte zunächst in Sammellager nach Dortmund. In Dortmund wurden größere Transporte von 1.000 bis 2.000 Menschen zusammengestellt.
Am 28. April 1942 verließ der erste Transport Siegen. Sein Ziel war das Ghetto Zamosc in Polen. In der Nähe von Zamosc befanden sich die Vernichtungslager Sobibor und Belzec. Alle Jüd:innen dieser Deportation wurden ermordet. Mit einem zweiten Transport am 27. Juli 1942 wurden 24 Menschen von Siegen aus in das Ghetto Theresienstadt verschleppt. Von ihnen starben sieben in Theresienstadt. 14 Personen wurden in den Vernichtungslagern Auschwitz-Birkenau und Treblinka ermordet. Nur drei Menschen dieses Transports überlebten. Der dritte Deportationszug vom 27. Februar 1943 führte in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Aus Siegen und Umgebung wurden insgesamt 18 Personen deportiert. Von ihnen überlebte nur ein Mensch. In einem letzten Deportationszug vom 29. September 1944 wurden vier jüdische Frauen in das Zwangsarbeitslager Kassel-Bettenhausen deportiert. Kassel-Bettenhausen war ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. In Kassel mussten die Frauen Gleisarbeiten verrichten. Alle vier überlebten.

Wilhelm Fries zeigt Klaus Dietermann im Jahr 1988 den Ort der Deportationen aus Siegen und berichtet von seinen Erinnerungen. Er begleitete am 27. Februar 1943 seine jüdischen Freunde zum Bahnhof und verabschiedete sich von ihnen.
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