Mapping Memories

Erinnerungen verorten.

Lothar-Irle-Straße

© Foto: Maik Waidmann

Seit 1975 trägt im Siegener Stadtteil Kaan-Marienborn eine Straße den Namen von Lothar Irle. Die Benennung erfolgte nach Lothar Irles Tod 1974, um Lothar Irles Engagement in der Heimatforschung hervorzuheben.

Lothar Irle wurde im Jahr 1905 in Niedersetzen bei Geisweid geboren. Er wollte Lehrer werden und absolvierte daher eine Ausbildung und später ein Studium, das er mit einer heimatkundlichen Doktorarbeit abschloss. 1933 heiratete er Ingeborg Rath aus Kreuztal. Das Paar bekam drei Kinder.

Neben seinem Studium begann Irle, sich etwa ab dem Jahr 1922 politisch zu engagieren. Er schloss sich Organisationen des rechten Parteienspektrums an. Am 01. Dezember 1931 trat er in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ein. Als Lehrer war Lothar Irle Mitglied im Nationalsozialistischen Lehrerbund und im Nationalsozialistischen Dozentenbund. Zeitweise bildete er in Dortmund an der Hochschule für Lehrerbildung angehende Lehrer:innen im Fach Volkskunde aus. Unmittelbar nach Kriegsbeginn 1939 meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst. 1945 geriet er in Kriegsgefangenschaft, aus der er 1947 wieder entlassen wurde.

Die zahlreichen schriftlichen Veröffentlichungen Lothar Irles zeigen eine deutliche Nähe zur nationalsozialistischen Ideologie. In seinen Texten finden sich antisemitische und rassistische Äußerungen. Im Zuge des Entnazifizierungsverfahrens nach Ende des Zweiten Weltkriegs musste Irle daher den Schuldienst verlassen. Er arbeitete als Versicherungsvertreter. Sein volks- und heimatkundliches Engagement gab er jedoch nicht auf. Er war aktives Mitglied in mehreren Heimatvereinen und publizierte weiter zu heimatkundlichen Themen.

All dies veranlasste die Fraktion der Partei Volt im Siegener Stadtrat dazu, im Februar 2021 einen Antrag zur Umbenennung der Lothar-Irle-Straße zu stellen. Auf diesen Antrag hin bildete sich ein Arbeitskreis, der sich mit  problematischen Straßennamen befasst. Denn Lothar Irle ist nicht die einzige Persönlichkeit mit einer belasteten Vergangenheit, nach der in Siegen eine Straße benannt ist. Im Oktober 2022 hat der Rat der Stadt Siegen beschlossen, die Lothar-Irle-Straße und einige weitere Straßen umzubenennen. Doch das Thema wird in Siegen und Umgebung auch weiterhin sehr kontrovers diskutiert.

Einen umfangreichen Artikel zu Lothar Irles Leben und Wirken gibt es auch auf dem Blog des Kreisarchivs Siegen-Wittgenstein.

Lothar Irle, Siegerländer National-Zeitung, Jahrgang 4, Nr. 130, 06.06.1934

Lothar Irle in einem Bericht über eine Schulungswoche für Lehrer:innen zu den Themen „Vererbungslehre, Erbgesundheitspflege, Rassen- und Familienkunde“ an die Schulabteilung der Regierung zu Arnsberg, am 12. Oktober 1933:

„… Wir Südwestfalen waren verblüfft, als wir sahen, dass wir fast die einzigen uniformierten Nationalsozialisten waren und dass sich eine ganze Reihe Nichtnationalsozialisten in unserer Mitte befanden. Das zeigte sich auch in einer Aussprache im Anschluß an eine Lektion. Wir waren genötigt, unter Protest den Raum zu verlassen und eine Beschwerde beim Kultusministerium einzureichen, da der Ausspracheleiter nicht eingriff, als eine Dame zu sagen wagte, man müsse Rücksicht nehmen auf jüdische Mädchen, wenn man Rassefragen behandele.“

Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Regierung Arnsberg 31778, Schulpolitisches 1933-1935

Informationen

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